Am Brienzersee. Direkt neben eben dem Sommer-Chalet des Vaters darf sich Victor sein eigenes Atelier bauen. Völlig quer
steht es auf dem Areal, das grosse Fenster orientiert sich nicht am
Uferverlauf des Sees, es ist exakt Richtung Norden ausgerichtet, was
den günstigsten Lichteinfall ergibt fürs tägliche Malen.
Das
zweite Unikum ist das Pultdach. Im Chalet-Dorf Iseltwald, wo es bis
heute kein Haus mit Flachdach gibt, wird Surbeks Atelier als
«Holzbaracke» tituliert; laut Denkmalpflege ist sie aber
«schützenswert».
Auch hier oben haben beide ihr eigenes Revier. Marguerite ist meist draussen mit der Staffelei unterwegs. Blumen und das Inventar rund herum: Giesskannen, Tische, Stühle, Körbe, die Laube, das verzierte Geländer, Früchte in der Schale. Die Farben und das Licht, das sind ihre Elemente.
Hinzu kommt der Gipfel steil über Iseltwald: Das Faulhorn wird
Marguerites «Götterhorn». Im Berghaus quartiert sie sich
regelmässig im Zimmer 4 ein für ein paar Nächte. Allein,
überwältigt.
Und was macht Victor unten am See? Er studiert die Bergkette vis-à-vis mit dem Augstmatthorn. Lebenslänglich das immer gleiche Felsmassiv, von einem seiner ersten Gemälde 1907 bis zu einem seiner letzten Gemälde 1973.
Im Atelier von Iseltwald am See entsteht auch sein allerletztes Bild. Es trägt den Titel «La grande fenètre» und zeigt den Blick aus dem Atelier hinaus aufs Augstmatthorn.
In diesem Atelier drinnen hängt bis heute das letzte erhaltene Werk von Marguerite. Es ist ihr eigenes Plakat zu ihrer letzten Ausstellung. Ihre Handschrift, zwei Stühle, die heute noch im Atelier herum stehen, und das beides zusammen wirkt geradezu modern.
© Markus Schneider Buchautor: Die Surbeks
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